Zeidlerei - ein Ausflug nach Polen und in die Zeit...
Was kann man sich unter "Zeidlerei" vorstellen? Der Begriff leitet sich aus dem altdeutschen Wort "zeideln" ab. Das bedeutet soviel wie "herausschneiden". Damals wurde, im Gegensatz zur heutigen Imkerei, die gesamte Wabe herausgeschnitten, Honig und Wachs wurden gleich weiterverarbeitet. Was den Bienen danach geschah war egal, man hatte ja seine Beute. Von dieser Vorgehensweise leitet sich auch der Begriff der Bienenbeute als Heim für die Bienen ab.
Ausrüstung des Zeidlers
Gutes Schuhwerk kann ich wärmstens empfehlen. Das Klettern auf Bäume in eine Höhe von sechs Metern verlangt einen guten Halt, man darf nicht vergessen, dass man währnd des Aufstiegs nicht gesichert ist. Zwei Methoden habe ich in Polen gelernt. Die Version aus dem südlichen Ural erfordert Steigeisen oder Trittstufen am Baum und hat dann ein Standbrett von dem aus gearbeitet wird. Die andere aus Polen überlieferte kommt mit einem langen Seil aus und bietet eine solide Sitzmöglichkeit, wenn man dann die Baumhöhle erreicht hat.
Den Smoker habe ich nicht fotografiert, damals wurde eine rauchende Fackel zum Bienen vertreiben genommen. Der Zeidler hat in seiner Ausrüstung ferner einen feinen Kübel, gedrechselt aus Lindenholz, ein Wabenmesser aus Holz, ein Seil aus Lindenbast gedreht und ein Netz um den Kopf zu schützen. Wir haben gesehen, dass das Netz und die Gugel einen perfekten Schutz für den Kopf des Zeidlers darstellen.
Die Kletterausrüstung aus dem Ural besteht aus einem gewaltigem Seil welches ich auf Abbildungen immer aus Pflanzenfasern geflochten eingeschätzt habe. Tatsächlich besteht es aus zwei vernähten Lederzöpfen. Auf die Frage, wie alt so ein Seil denn wäre kam die Antwort, dass die Zeidler im Ural es immer schon so gemacht hätten und die Frage warum es aus Leder sei sich nie gestellt habe - "es war immer schon so". Weiters gibt es das Standbrett welches dann vor dem Bienenbau um den Baum gebunden wird. Ein delikater Knoten und man steht mit dem Ledergurt im Rücken in sechs Meter Höhe auf einem handbreitem Brett.
Die polnische Methode ermöglicht meiner Meinung nach das Aufsteigen auf beliebige Höhen ohne den Baum zu schädigen. das Gleichgewicht sollte man nicht verlieren und die Kraft sollte ausreichen, sonst kann man gleich aufgeben. Wenn man aber dann das Sitzbrett etabliert hat, kann man durchaus einige Tage hintereinander gemütlich an seinem Baum arbeiten und ein feines Nest für die Bienen bauen. Wir haben dann auch noch Abbildungen gesehen, wie man mit einem Seil und zwei kräftigen Stöcken einen Stehplatz herstellen kann aber man muß in zwei Tagen nicht wirklich alles halsbrecherische ausprobieren. Aber: Wir wissen wie es geht..
Für beide Klettermethoden gilt: beim Aufstieg keine Sicherung. Die polnische Methode ist in dem Moment sicher, wenn man auf seinem Brettchen sitzt. Hervorragend auch die Art und Weise, wie die gesamte Kletterausrüstung dann vom Boden aus sechs Metern Höhe problemlos wieder runterzubekommen ist. Das allein ist eine Demonstration wert.
Klotzbeute oder Baumspalte...
Auf Bäume raufturnen ist nun nicht wirklich jedermanns Sache. Es hat aber einen gewissen Vorteil: Bären und zwielichte Gestalten kommen auf einen Baum nicht so ohne weiteres hinauf. Meister Petz ist ja um einiges geschickter beim Klettern, der tut sich da sicher leichter, aber eine Bienenbeute auf einem Baum ist ohne Ausrüstung für einen Menschen unerreichbar. Und die Mädels oben wehren sich durchaus...
Alternativ zum Baumkraxeln kann man sich so eine "natürliche" Bienenhöhle auch zuhause aufstellen. Und genau das hat man damals wie heute auch gemacht. Man nehme einen Baumabschnitt, schneide und haue fleissig dran rum und schon ist eine sogenannte Klotzbeute fertig. Meine selbstgewählte Aufgabe war "Ich mach das alles mit der Hand". Der Kursleiter hat milde gelächelt und mit Nachdruck auf die Kettensäge und dann auf seine Uhr gezeigt, ich hab verstanden und dann die Basisschnitte maschinell durchgeführt. Der Rest wurde dann ausschliesslich mit traditionellen Werkzeug gemacht. Der Werkzeugkasten des Zeidlers besteht also aus: Dexel, Axt, Stoßmeissel und Ringmesser. Ich habe zusätzlich noch ein Reifmesser benutzt
Meine Arbeitskluft bestand aus Bruche, Beinlingen (Wolle, gewalkt), Unterkleid (Leinen), Tunika (Leinen) und zeitweise einem Strohhut. Wolltunika hab ich ein einziges Mal probiert bei Holzarbeiten heftiger Art, die geht ruck zuck in Fetzen. Der lodenartige Walkstoff, aus welchem die Beinlinge sind, ist jedoch relativ gutmütig, was Sägespäne und dergleichen betrifft und hat keinen Schaden genommen. Schuhe waren von CP-Schuhe, noch die alten, wendegenähten. Nur am letzten Tag zum nochmaligem Klettertraining hab ich Waldviertler angezogen, weil die einfach den besseren Halt gegeben haben.
In der fertigen Klotzbeute werden mit Holznägeln am Schluß noch Wabenstücke als Ansatz für die Bienen befestigt, damit sie nicht kreuz und quer bauen. Ebenso werden Streben als Stützen eingesetzt damit die Waben nicht unter ihrem Gewicht abreissen können.
Ein massiver, zweigeteilter Deckel schliesst den Servicespalt ab. Der Deckel selber wird dann allerdings noch einmal abgedeckt und zwar von einem Bund Laubreisig. Wozu das nun wieder? "Because of the Woodpecker" war die logische Erklärung. Befestigt wird der Reisigbund mit Holznägeln und einem Stück Seil.
Unsere Klotzbeute hat dann die Heimreise im Auto angetreten und wurde auf unserer Bienenterrasse aufgestellt. Zur Zeit ist sie leer, wir wollen aber im Frühjahr einen Schwarm einlaufen lassen und sehen, wie sich die Bienen in diesem sehr ursprünglichen Zuhause fühlen.
Imkern in der Klotzbeute
Das Imkern in der Klotzbeute hat mit unserer Imkerei wenig zu tun. Man darf sich keine unglaublichen Honigernten erwarten. Aus den heutigen Beuten holen wir gut und gern 20 Kilogramm oder mehr pro Jahr aus einem Volk, drei Ernten pro Saison sind keine Seltenheit. Bienen in der Klotzbeute oder im Baum sind da in jedem Fall knausriger als unsere Damen in ihren Magazinen. Eine Ernte pro Jahr, zirka vier Kilo Honig. Tomasz erklärte:
"Jetzt im September wird noch geprüft, ob überhaupt Bienen in der Behausung sind (betrifft Bäume). Wenn nicht, dann öffnet man die Beute und sorgt dafür, daß sie über den Winter einigermaßen trocken bleibt. Im Frühjahr dann wird die Beute mit dem Keil und dem Reisig verschlossen und man hofft, daß wilde Bienen ein neues Zuhause finden. Alternativ montiert man ein kleines Tischchen auf welchem man den Schwarm schüttet damit er in den neuen Bau einziehen kann"
Ist einmal ein Schwarm im Klotz wird im ersten Jahr zugefüttert. Weiter wird nichts gemacht. Es muss leider, wie auch in der "normalen" Imkerei, gegen die Milbe behandelt werden. Im zweiten Jahr wird im April kontrolliert ob es dem Volk noch gut geht und dann kann im Juli die Honigernte erfolgen. Diese ist relativ gering, es werden die Honigwaben nur zum Teil ausgeschnitten. Ein Gutteil des Honigs verbleibt in der Beute, damit die Bienen auch genug für den kommenden Winter haben.
Welche Bienen in die Klotzbeuten? Traditionellerweise wohnen Melifera Melifera in den Bäumen und Klotzbeuten. Die Völker sind klein, neigen zum Schwärmen und sind deshalb tatsächlich ideal zum Besiedeln solcher Behausungen. Tomasz hält in Polen aber auch Carnica in der Klotzbeute, die Volksstärke ist mit Carnica aber durchaus ein Problem, ein Carnica-Volk braucht zum gemütlichen Leben zirka 90 Liter Volumen, drunter kann es sein, daß es ruck zuck wieder aus der mühsamen gebauten Klotzbeute auszieht.
Ausblick
Das neu erworbene Wissen, die Handfertigkeiten, die gewonnenen Erfahrungen wollen wir natürlich ausprobieren und weitergeben, wenn wir gelernt haben Klotzbeuten und Baumnester für die Bienen richtig zu betreiben. "Richtig" heisst für uns, daß die Völker gerne in die Behausungen einziehen, gedeihen und gesund bleiben. Wenn wir soweit sind, wollen wir dieses Wissen gemeinsam mit Dietmer Niessner von der (Bienenschule) auf der Schmelz teilen. Bis dahin euch allen viel Erfolg mit euren Bienen, wir melden uns, wenn wir im April den ersten Schwarm in die Klotzbeute einsetzen.